Anonyme Spurensicherung
Anonyme Spurensicherung (ASS) nach sexualisierter und körperlicher Gewalt an Frauen und Mädchen in Nordrhein-Westfalen.
Schutz und Hilfe erhalten Frauen, die von sexualisierter und körperlicher Gewalt betroffen sind, bei den mit Landesmitteln geförderten 57 Fachberatungsstellen gegen sexualisierte Gewalt, zwei Fachberatungsstellen gegen Zwangsheirat aber auch bei den 62 allgemeinen Frauenberatungsstellen und in den 70 Frauenhäusern.
Bei sexualisierter Gewalt geht es weniger um sexuelles Verlangen als vielmehr um die Ausübung von Macht und Kontrolle des Täters über sein Opfer. Unter „sexualisierter Gewalt“ versteht man
- sexuelle Übergriffe, sexuelle Nötigung bis hin zur Vergewaltigung
- sexuellen Missbrauch an Kindern, aber auch
- sexuelle Belästigungen und entsprechende Straftaten aus Gruppen heraus.
Von Gewalt betroffene Frauen und Mädchen sind im Anschluss an die Gewalthandlung häufig nicht in der Lage oder bereit sind, die Tat anzuzeigen. In diesen Fällen ist es von großer Bedeutung, dass die Tatspuren vertraulich gesichert werden und damit in einem zukünftigen Strafverfahren als Beweismittel zur Verfügung stehen. Denn allein die mündliche Aussage der Opferzeugin ist mangels weiterer Beweismittel für eine Anklageerhebung oft nicht ausreichend. Die gerichtsfeste Dokumentation und Spurensicherung hat nicht nur aus forensischer Sicht, sondern auch mit Blick auf die Gesundheit des Gewaltopfers einen hohen Stellenwert.
Vor diesem Hintergrund strebt das Land Nordrhein-Westfalen ein bedarfsorientiertes und flächendeckendes System zur anonymen Spurensicherung nach sexualisierter und körperlicher Gewalt an, das Betroffenen im Bedarfsfall schnelle Hilfe und Unterstützung ermöglichen soll.
Förderung von Kooperationen zur anonymen Spurensicherung (ASS)
In Nordrhein-Westfalen gibt es derzeit mehr als ca. 30 regional agierende Netzwerke zur ASS, die überwiegend aus Fachberatungsstellen gegen sexualisierte Gewalt, Frauenberatungsstellen, Opferschutzeinrichtungen, rechtsmedizinischen Instituten, Klinken und niedergelassenen Ärztinnen und Ärzten bestehen. Diese verfolgen einerseits das Ziel, Spuren der Gewalttat durch Ärztinnen und Ärzte in Krankenhäusern oder durch niedergelassene Medizinerinnen oder Mediziner zu dokumentieren und dann anonym gerichtsfest zu sichern. Andererseits ist es aber auch ein Anliegen, den betroffenen Frauen durch ihre Weitervermittlung an eine kompetente Beratungseinrichtung Schutz und Hilfe zu gewähren.
Seit 2015 unterstützt das Land auf Antrag die örtliche und regionale Kooperationen zur ASS nach sexualisierter Gewalt an Frauen und Mädchen in Nordrhein-Westfalen mit Fördermitteln des Landes. Die Förderung verfolgt das Ziel, bereits bestehende Kooperationen in ihrer Arbeit zu unterstützen und Neugründungen von ASS-Netzwerken in bisher nicht versorgten Gebieten zu ermöglichen. Beginnend mit dem Jahr 2024 erfolgt die Förderung auf der Grundlage einer Förderrichtlinie. Hierbei ist eine Erweiterung der örtlichen und regionalen Angebote der anonymen Spurensicherung auf Fälle körperlicher Gewalt und Misshandlungen berücksichtigt.
Weitere Informationen sind über den folgenden Link aufrufbar:
Standardempfehlungen für eine gerichtsfeste Spurensicherung im Rahmen der
gesundheitlichen Versorgung in Fällen sexualisierter Gewalt bei Frauen und jugendlichen Mädchen
Viele Opfer wenden sich im Anschluss an Gewalterlebnisse zur gesundheitlichen Versorgung direkt an Ärztinnen und Ärzte. Insbesondere Kliniken nehmen bei der Versorgung von Menschen mit Gewalterfahrungen eine Schlüsselrolle ein. Die ärztlichen Aufgaben umfassen Diagnostik, Therapie, eine „gerichtsfeste“ Dokumentation und Spurensicherung sowie Beratung zu weiterführenden therapeutischen und psychosozialen Angeboten.
Der „gerichtsfesten“ Dokumentation und Spurensicherung kommt in diesem Zusammenhang große Bedeutung zu. Ein Fehlen dieser Beweismittel kann im Extremfall einen späteren Freispruch des Täters oder der Täterin zur Folge haben und bei der geschädigten Person eine Traumatisierung nach sich ziehen. Daher hat eine „gerichtsfeste“ Dokumentation der Folgen von Gewalt nicht nur aus forensischer Sicht, sondern auch mit Blick auf die Gesundheit des Gewaltopfers einen hohen Stellenwert.
Vor diesem Hintergrund wurden vom Institut für Rechtsmedizin des Universitätsklinikums Düsseldorf mit Mitteln der Europäischen Union und des Landes „Empfehlungen für Standards zur Gewaltopferuntersuchung, Verletzungsdokumentation und Spurensicherung in Fällen sexualisierter Gewalt bei Frauen und jugendlichen Mädchen" entwickelt. Diese Standards ermöglichen Ärztinnen und Ärzten, die mit der anonymen Spurensicherung betraut sind, landesweit eine einheitliche und beweissichere Arbeit.
Weitere Informationen
PDF, 4,32 MB
Standardempfehlungen zur Umsetzung der Anonymen Spurensicherung nach sexualisierter Gewalt an Frauen und Mädchen
Damit der erlittenen sexualisierten Gewalt oftmals eine erhebliche Traumatisierung einhergeht, ist ein sensibler Umgang mit den betroffenen Frauen und Mädchen von ganz besonderer Bedeutung. Viele Betroffene brauchen Zeit für ihre psychische Stabilisierung und haben Angst, noch einmal mit dem Erlebten konfrontiert zu werden. Es ist daher wichtig, den Betroffenen mit viel Verständnis und Ruhe zu begegnen.
Die nachfolgenden „Empfehlungen für Standards zur Umsetzung der Anonymen Spurensicherung nach sexualisierter Gewalt an Frauen und Mädchen in Nordrhein-Westfalen – für Kliniken und Arztpraxen, für die nachgehende Betreuung und für die Öffentlichkeitsarbeit“ sollen dazu beitragen, den Umgang mit den Opfern zu verbessern und die Arbeit mit dem Thema der anonymen Spurensicherung zu optimieren.
Weitere Informationen:
PDF, 3,05 MB
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