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Kommunale Bildungslandschaften

Ganztagsbildung in der Bildungslandschaft

Vielfältige Angebote für gelingende Bildungs- und Lebenswege: Chancen der Bildungslandschaft für Kinder und Jugendliche

Kinder und Jugendliche lernen nicht nur in der Schule – und dort auch nicht nur im Unterricht. Diese Erkenntnis hat sich überall durchgesetzt. Sie lernen auf unterschiedlichen Wegen und an verschiedenen Orten, überall dort, wo sie sich aktiv mit ihrer Umwelt auseinandersetzen. Benötigt werden darum vielfältige, ihren Interessen und Bedürfnissen entsprechende Bildungsangebote. Dabei kommen der Ganztagsschule und der Kinder- und Jugendarbeit eine hohe Bedeutung zu. Junge Menschen nutzen aber auch Lernwelten wie Musikschulen, Vereine und Bibliotheken, genauso wie den Schulhof, öffentliche Räume, die Familie oder die Peergroup– off- als auch online, im Austausch über Messengerdienste, beim Gamen oder in den sozialen Medien. Digitale und analoge Lebenswelten sind miteinander verschränkt und kaum mehr voneinander zu trennen.

Lernwelten und Bildungsorte neben oder außerhalb von Schule und Unterricht: im Stadtteil, dem Sozialraum sowie der Kommune haben in den letzten Jahren enorm an Bedeutung gewonnen. In der öffentlichen Diskussion ist hierfür das Schlagwort "Ganztagsbildung" geprägt worden. Um vielfältige Lerngelegenheiten zu gestalten, entstehen vor Ort zunehmend Netzwerke von Akteuren, Angeboten und Einrichtungen. Es entstehen lokale oder kommunale Bildungslandschaften.

Der Ganztag als Kristallisationspunkt der Vernetzung

Die Ganztagsschule ist ein wichtiger Kristallisationspunkt der Entwicklung von Bildungslandschaften . Durch ihre Einführung im Primar- und Sekundarbereich in NRW ist die Kooperation von Schulen mit Bildungspartnern der Kinder- und Jugendhilfe, der Jugendarbeit, der Kultur, der Musik, des Sports etc. in den Mittelpunkt gerückt. In den zurückliegenden zwanzig Jahren sind 2.800 Grundschulen zu Offenen Ganztagsschulen geworden. Vier von fünf Trägern der außerunterrichtlichen Angebote in den Grundschulen sind anerkannte Träger der Kinder- und Jugendhilfe. Mittlerweile besucht auch die Hälfte aller Schülerinnen und Schüler im Sekundarbereich in NRW eine Ganztagsschule.

Im "Ganztag" finden vielfältige Bildungs-, aber auch Förder- oder Freizeitangebote statt. Kinder- und Jugendhilfe, vielfältige öffentliche und freie Bildungsträger und Schulen haben sich durch den Ganztag vor Ort vernetzt. Dort, wo die Vernetzung auf Dauer angelegt ist, die Kommune als koordinierende oder steuernde Instanz agiert und Angebote in einer abgestimmten Form gemacht werden, ist die Bildungslandschaft bereits auf einem guten Weg.

Der Rechtsanspruch auf Ganztagsförderung für Kinder im Grundschulalter ab 2026

Mit dem Ganztagsförderungsgesetz (GaFöG) des Bundes wird ab 2026 der Anspruch auf ganztägige Förderung für Grundschulkinder durch Änderungen des Kinder- und Jugendhilfegesetzes (SGB VIII) stufenweise eingeführt. In Nordrhein-Westfalen wird bei der Umsetzung des Rechtsanspruchs insbesondere an die Offene Ganztagsschule im Primarbereich (OGS) angeschlossen. Der bundesgesetzliche Rechtsanspruch auf ganztägige Förderung kann somit weiterhin an Schulen erfüllt werden. Das damit verbundene sogenannte „Trägermodell“ bildet den Grundstein für eine abgestimmte Zusammenarbeit zwischen Kinder- und Jugendhilfe und Schule auf einzelschulischer und kommunaler Ebene. 

Im März 2024 haben das MKJFGFI und MSB in gemeinsamer Verantwortung die Fachlichen Grundlagen für die Umsetzung des Rechtsanspruchs vorgelegt. Anfang Juli 2024 hat das Landeskabinett schließlich den Entwurf eines gemeinsamen Erlasses von Familienministerium und Schulministerium gebilligt, der der zukünftigen Gesetzeslage Rechnung trägt. 

Der gemeinsame Erlass „Offene Ganztagsschulen sowie außerunterrichtliche Ganztags- und Betreuungsangebote im Primarbereich“ tritt zum 01.08.2026 in Kraft. Er regelt die Offene Ganztagsschule (§ 9 Absatz 3 SchulG) sowie weitere außerunterrichtliche Ganztags- und Betreuungsangebote (§ 9 Absatz 2 SchulG). Der Erlass bildet den Rahmen für die erfolgreiche Weiterführung der OGS als Kooperationsmodell von Schule und Jugendhilfe auch unter Berücksichtigung des Rechtsanspruchs. 

Auf seiner Grundlage können z.B. Schwerpunkte der Qualitätsentwicklung vorangetrieben werden. Dazu gehören u.a. kommunale Qualitätszirkel und multifunktionale Raumkonzepte. Die qualitative Entwicklung von Ganztagsschulen unterstützt das Land durch die Einrichtung der Serviceagentur "Ganztagsbildung in NRW" (SAG). Die SAG bietet Information, Beratung, Qualifizierung und Vernetzung. 

Um das Verständnis des neuen Erlasses zu den Ganztagsangeboten zu erleichtern und zusätzliche Informationen bereit zu stellen, haben das Familien- und Schulministerium eine gemeinsame Liste häufig gestellter Fragen (FAQ) erstellt.

Bildungslandschaften breit aufstellen

Der Aufbau von Bildungslandschaften erschöpft sich nicht in der Einrichtung von Ganztagsschulen. Zur Bildungslandschaft gehört z.B. auch, dass das Stadttheater ein gemeinsames Projekt mit dem offenen Jugendtreff durchführt oder sich die Jugendeinrichtungen vor Ort vernetzen und mit ihren Besuchern eine Projektreihe an verschiedenen Orten der Stadt durchführen. Kinder und Jugendliche sollen dabei auch selbst zu zentralen Akteuren des Geschehens werden, indem sie Angebote mitgestalten oder vorhandene Freiräume selbst für sich organisieren.

Davon eingeschlossen sind auch die „digitalen“ Räume, also beispielsweise die Interaktionsräume in sozialen Medien oder Games, in denen junge Menschen in den Austausch mit anderen kommen. Nicht zuletzt die Corona-Pandemie hat gezeigt, wie wichtig die Zugänglichkeit von Bildungsangeboten der kommunalen Bildungslandschaft auch im digitalen Raum ist.

Das Land unterstützt die Entwicklung von Bildungslandschaften

Seit mehr als zehn Jahren bietet die Förderposition 5.1, "Kinder- und Jugendarbeit in Kommunalen Bildungslandschaften" des Kinder- und Jugendförderplans, den Trägern der Kinder- und Jugendarbeit die Möglichkeit, sich in die Ausgestaltung von Bildungslandschaften vor Ort einzubringen. Dazu stehen im KJFP 2023-2027 Projektfördermittel in Höhe von rund 670.000 Euro pro Jahr zur Verfügung. Ziel der Projekte ist es auch, die offene und verbandliche Kinder- und Jugendarbeit darin stärker zu verankern. Hierbei kommen sowohl Kooperationen mit dem außerunterrichtlichen Bereich von Ganztagsschulen (jedoch keine regulären Ganztagsangebote) als auch mit nicht schulischen Bildungspartnern in Frage.

Aus der Praxis heraus ist darüber hinaus mit dem Kompass Bildungslandschaften ein innovatives, webbasiertes Tool entstanden. Es bringt allen Interessierten, insbesondere aus dem Bereich der Kinder- und Jugendarbeit und -politik, die Idee und die Pfade der Bildungslandschaft näher. Der Kompass stellt nicht nur grundlegende Informationen rund um Bildungslandschaften, Zusammenarbeit im Bildungsbereich und jugendorientierte Bildung vor. Er unterstützt auch bei der Planung, skizziert Strategien und zeigt Wege auf. Nicht zuletzt hilft das Tool, sich in den Strukturen der Bildungslandschaften in Nordrhein-Westfalen zu orientieren.