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Impulspapier zur Diskussion über Maßnahmen zur Prävention, zum Schutz vor und Hilfe bei sexualisierter Gewalt gegen Kinder

Impulspapier zur Diskussion über Maßnahmen zur Prävention, zum Schutz vor und Hilfe bei sexualisierter Gewalt gegen Kinder

Seit Bekanntwerden des entsetzlichen Falls schwerer sexueller Gewalt gegen Kinder und Jugendliche in Lügde hat Kinder- und Jugendminister Joachim Stamp sowie die zuständigen Fachabteilungen des Ministeriums für Kinder, Familie, Flüchtlinge und Integration im Februar 2019 begonnen, Strukturen von und Rahmenbedingungen für Prävention, Intervention und Hilfen für minderjährige Opfer sexueller Gewalt und ihrer Familien zu prüfen.

Minister Stamp: „Die Anstrengungen gegen sexuelle Gewalt an Kindern und Jugendlichen müssen erheblich verstärkt werden. Es ist eine gesamtgesellschaftliche Herausforderung, unsere Kinder und Jugendlichen besser zu schützen und schnelle Hilfe zu ermöglichen.“

Im Bereich der Prävention von Kindesmissbrauch gibt es sehr viel Expertise in Nordrhein-Westfalen. In den zurückliegenden Monaten sind zahlreiche Einzelgespräche sowie drei umfassende Gesprächsrunden mit Expertinnen und Experten aus dem Kinderschutz, mit Betroffenenverbänden, mit Vertreterinnen und Vertretern der Wissenschaft, von Jugendämtern, der Kommunalen Familie, aus der Kinder- und Jugendhilfe und ressort- sowie fraktionsübergreifend geführt worden. Ziel war es, die Expertise und Anregungen zum Thema Prävention und Schutz vor sexualisierter Gewalt gegen Kinder, die bei den Gesprächen thematisiert und an das Ministerium herangetragen wurden, systematisch für die weitere Arbeit der Landesregierung, des Parlaments sowie vor Ort zusammenzustellen. Dieser Prozess wurde in den letzten Tagen abgeschlossen.

In den Gesprächen wurde nachdrücklich bestätigt, dass die bestehenden Angebote und Strukturen in Nordrhein-Westfalen zum Schutz von Kindern und Jugendlichen vor sexuellem Missbrauch beitragen. Die im Rahmen der Gespräche und auch der Landtagsanhörung an das Ministerium herangetragenen Bewertungen und Handlungsempfehlungen – auch kontrovers diskutierten Ideen und Empfehlungen – sind die Grundlage der Vorschläge für weitere mögliche Handlungsoptionen.

Das entstandene Papier ist eine Ideensammlung, die ebenso in die Arbeit der Landesregierung, als auch des Parlaments und vor Ort einfließen soll. Dazu gehört die Arbeit der Fachberatungen, die Ansätze in der Prävention, der Opferberatung und im Opferschutz ebenso wie eine weitere Vernetzung dieser Landschaft. Eine wichtige Anregung der Expertinnen und Experten war dabei auch, den Kinderschutz zu verbessern, indem wir die Täterstrategien verstehen. „Dies ist eines der zentralen Anliegen: Denn wenn wir als Gesellschaft besser erkennen, verstehen und aufdecken können, wie die Täter ihre Taten zu verstecken wissen, können wir unsere Kinder effektiver schützen“, sagte der Minister. Zur Prävention gehört auch, die Tatsache und das Ausmaß sexualisierter Gewalt gegen Kinder und Jugendliche zu enttabuisieren und darüber aufzuklären.

Grundsätzlich können die vorgeschlagenen Maßnahmen in ein umfassenderes Handlungskonzept eingehen, das auf parlamentarischer Ebene oder durch die Einsetzung einer Kommission erarbeitet wird. Die Ideen können zudem in Gesprächen mit anderen Landesministerien, den Kommunalen Spitzenverbänden oder anderen Partnern angeregt, erörtert und vertieft werden. Sie sind als Anregung und Impuls zu verstehen. Das MKFFI wird gleichwohl unmittelbar beginnen, Maßnahmen in eigener Zuständigkeit zu ergreifen.

Für eine Reihe der angeführten Vorschläge hat das MKFFI keine beziehungsweise keine direkte Zuständigkeit. So verfügt das Kinder- und Jugendministerium bei der Ausgestaltung der örtlichen Hilfe- und Präventionsstrukturen nicht über steuernde Zuständigkeiten gegenüber den örtlichen öffentlichen Trägern der Jugendhilfe. „Ich halte es dennoch für meine Pflicht, einen Prozess zu initiieren, der Vorschläge für eine deutliche Verbesserung der Praxis entwickeln hilft. Denn die Schwächsten in unserem Land – unsere Kinder – besser vor sexueller Gewalt und Missbrauch zu schützen, ist eine Aufgabe von uns allen. Diese Verantwortung nehmen wir sehr ernst und werden dort, wo es notwendig ist, Verbesserungen des Kinderschutzes aktiv anschieben.“

Bei allen Gesprächen bestand Einigkeit, dass zeitnah eine Landesfachstelle in Nordrhein-Westfalen eingerichtet werden soll. Der Aufbau soll bereits im kommenden Jahr beginnen. Die Landesfachstelle soll durch einen Fachbeirat begleitet und wesentlicher Motor für die flächendeckende fachliche Qualitätsentwicklung im Bereich der Prävention von sowie der Intervention und Nachsorge bei sexualisierter Gewalt gegen Kinder und Jugendliche auf dem Gebiet der Kinder- und Jugendhilfe werden.

Neben ihrer Funktion als allgemeine Anlaufstelle für Fachkräfte und Personal soll sie dies unter anderem erreichen durch Entwicklung und Verbreitung von Materialien für die Sensibilisierung von Kindern und Jugendlichen und deren Eltern, Erstellung von fachlichen Empfehlungen für die praktische Arbeit und für Qualifizierung, Aufbau von Expert(inn)en- und Referent(inn)enpools, Erstellung von Arbeitshilfen und Informationsplattformen sowie Durchführung von Fachtagen und Workshops.

Darüber hinaus werden in dem Impulspapier Vorschläge für mögliche fachliche Maßnahmen in den folgenden vier Bereichen aufgegriffen:

·         Vorschläge im Bereich Kinder und Jugendliche und ihres familiären Umfelds;
·         Vorschläge im Bereich Personal, Einrichtungen, Institutionen;
·         Vorschläge im Bereich der Jugendämter;
·         Überprüfung rechtlicher Regelungen.