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60 Jahre Anwerbergeneration: Wiederaufbau und Integration

Ministerin Landtag

60 Jahre Anwerbergeneration: Wiederaufbau und Integration

Im September 1964 kommt Armando Rodrigues de Sá am Bahnhof Köln-Deutz an. Es ist eine besondere Ankunft. Der deutsche Staat überreicht ihm noch auf dem Bahnsteig ein Moped und einen Strauß Nelken. Das Bild ging um die Welt und in die deutsche Geschichte ein: Er ist der millionste sogenannte Gastarbeiter in der Bundesrepublik. Ab Mitte der 1950er-Jahre schloss die Bundesrepublik „Anwerbeabkommen“ mit mehreren Staaten. Das Ziel: Arbeitskräfte aus dem Ausland sollten vorübergehende Engpässe im beginnenden Wirtschaftsboom überbrücken. 

31.10.2024

60 Jahre nach diesem denkwürdigen Tag hat der Landtag Nordrhein-Westfalen gemeinsam mit dem nordrhein-westfälischen Integrationsministerium in einer Feierstunde heute die erste Anwerbegeneration gewürdigt. Die Verdienste insbesondere der ersten Anwerbegeneration sind ein zentrales Kapitel der Geschichte Nordrhein-Westfalens und ein wichtiger Teil der Gegenwart und Zukunft. Mehr als 200 Vertreterinnen und Vertreter aus Politik, Diplomatie und aus der ersten Anwerbegeneration und ihre Nachkommen blickten in der Wandelhalle des Parlaments auf die vergangenen 60 Jahre zurück.

Der Vizepräsident des Landtags, Rainer Schmeltzer, betonte: „Die erste Anwerbegeneration hat unser Land entscheidend mitgestaltet. Ihr Einsatz und ihr Beitrag waren von unschätzbarem Wert – sowohl für die wirtschaftliche Entwicklung als auch für das gesellschaftliche Miteinander. Diese Menschen und ihre Lebensgeschichten verdienen unseren Respekt und unsere Anerkennung. Sie sind ein fester Bestandteil der nordrhein-westfälischen Geschichte.“

Die Ministerin für Kinder, Jugend, Familie, Gleichstellung, Flucht und Integration, Josefine Paul, sagte: „Die Menschen, die als erste Einwanderergeneration zu uns kamen, haben dieses Land mit aufgebaut und einen wichtigen Beitrag zu unserem heutigen Wohlstand geleistet. Sie haben den wirtschaftlichen Aufschwung unseres Landes nach dem zweiten Weltkrieg entscheidend mitgeprägt. Ihre Geschichten und die Geschichte der ersten Generation der sogenannten Gastarbeiterinnen und Gastarbeiter sind ein Teil unserer Geschichte. Sie, ihre Familien und Nachkommen sind ein Teil unserer Gesellschaft geworden. Die Lebensleistungen der Eingewanderten der ersten Stunde aus allen Anwerbeländern verdienen die Anerkennung und Wertschätzung der gesamten Gesellschaft.“

In verschiedenen Gesprächsrunden tauschte sich die Moderatorin Najima El Moussaoui unter anderem mit Irina Vavitsa, einer Migrantin aus Griechenland, und Dr. Martin Hyun, der als Sohn von Arbeitsmigranten in Deutschland aufgewachsen ist, aus.

Die Gesprächsrunden blickten auf Familiengeschichten der sogenannten Gastarbeiterinnen und Gastarbeiter zurück. Die Biografie von Irina Vavitsa zeigt beispielsweise die Perspektive einer Arbeitsmigrantin. Sie kämpfte als Streikführerin in den 1970er-Jahren für Arbeitnehmerrechte. Eine andere Geschichte ist die von Dr. Martin Hyun. Er ist Sohn südkoreanischer Gastarbeiter und war deutscher Eishockey-Nationalspieler. Hyun engagiert sich im Kampf gegen Rassismus und arbeitet erfolgreich als Schriftsteller.  

Die Feierstunde wurde durch die Ausstellung „Der Millionste. Von Menschen und durchkreuzten Plänen.“ ergänzt. Kuratiert hat sie das Dokumentationszentrum und Museum über die Migration in Deutschland, DOMiD, das vom Integrationsministerium Nordrhein-Westfalen gefördert wird.

Gäste waren unter anderem der Intendant des Westdeutschen Rundfunks, Tom Buhrow, und der Doyen des Konsularischen Korps, Dr. Dan Moraru. Beendet wurde die Feierstunde durch eine Festrede von Juan-Bautista Sunyé Mendía, Generalkonsul des Königreichs Spanien.